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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 27.11.2001
Aktenzeichen: 11 U 101/01
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 423 |
11 U 101/01
Beschluss
In dem Rechtsstreit
pp.
Tenor:
wird dem Antragsteller die für die Durchführung des Berufungsverfahrens begehrte Prozesskostenhilfe - auch für die beabsichtigte Erweiterung des Berufungsantrages - versagt.
Die Entscheidung ergeht kostenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
pp.
II.
Abgesehen hiervon bietet die Berufung derzeit auch keine Aussicht auf Erfolg.
1.) Soweit der Beklagte in Höhe eines Betrages von 1.600,- DM die Verurteilung wegen des Anlagekomplexes ###### und ####### angreift, bietet seine Verteidigung keine Aussicht auf Erfolg.
Soweit der Antragsteller in Abrede nimmt, aus der Pflichtenstellung eines Anlageberaters haften zu müssen, bleibt es zunächst bei der bereits im Beschwerdebeschluss näher begründeten Auffassung des Senats, dass der Beklagte in einem vertraglichen Anlageberatungsverhältnis zu der Klägerin bzw. deren Zedenten gestanden hat. Die dagegen in der Berufungsbegründung vorgebrachten Einwände verfangen nicht.
Soweit der Beklagte sich darauf beruft, mit den Unterlagen K 6 und K 7 habe er alle Informationen, die ihm zur Verfügung standen, an die Klägerin und ihre Angehörigen weitergegeben, hat er damit den an einen Anlageberater zu stellenden Sorgfaltspflichten nicht genügt. Die weitergegebenen Anlagen sind ohne Aussagewert. Die Anlage K 6 stellt nur eine mittelbare Information dar, die nicht erkennen lässt, von wem sie stammt und inwieweit sie mit einer ursprünglichen Information (welchen Datums? über wen?) der Fa. Creditreform übereinstimmt. Die Anlage K 7 ist ebenfalls ohne Aussagewert, da sie nicht erkennen lässt, von welchem Termin sie stammt; manches spricht dafür, dass sie im Januar/Februar 1992 erstellt ist; für die im Streitfall in Rede stehenden Anlagen ab Frühjahr 1993 war sie nicht mehr aktuell. Dem Antragsteller als Kapitalanlageberater oblag es jedoch, über die Anlageformen, die er vorstellte, aktuelle Informationen einzuholen oder, wollte er das nicht, die Mängel/Zweifel der ihm vorhandenen Informationen klar aufzuzeigen. Neben dem Hinweis auf mangelnde Aktualität der vorhandenen Daten hätte hierzu der ausdrückliche Hinweis gehört, dass dem Antragsteller über die Anlagesysteme der #######-Firma keine Unterlagen vorlagen und er nur Informationen vom Hörensagen weitergab. Der Antragsteller trägt nicht vor, insoweit den ihm obliegenden Pflichten nachgekommen zu sein.
Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Senat in seinem Beschwerdebeschluss den Klagevortrag hinsichtlich des über ####### angeblich in #######-Aktien angelegten Betrages von 100.000,- DM nicht für schlüssig gehalten hat.
Zwar halten die vom Landgericht herausgearbeiteten Haftungsgründe überwiegend einer Prüfung nicht stand. Die diesbezügliche im November 1993 getätigte Anlage ist über '#######' (GA 47) getätigt worden, weshalb es ohne Belang war, dass das Unternehmen ####### bereits im Oktober 1993 nach Liquidation gelöscht war (GA 21). Ebenso wenig ist es von Belang, dass eine Anwaltskanzlei an ####### am 6. September 1993 bereits gefaxt haben mag, dass sich die Firma ####### in Liquidation befinde (GA 153), weil nicht dargelegt ist, dass der Antragsteller von der Fax-Nachricht Kenntnis erlangte. Es hätte dem Antragsteller jedoch als Anlageberater oblegen, zumal er - wie dargelegt - nicht über aktuelle objektive und nachprüfbare Informationen über die #######-Firma verfügte und auch nicht über klare Informationen, wie diese die zu erwerbenden Aktien-Anlagen auswählte und vornahm, darauf hinzuweisen, dass es unter diesen Umständen bei vernünftiger und risikoorientierter Anlagestrategie erforderlich war, über das Unternehmen ####### eigene Erkundigungen einzuziehen, und dass er dies, obwohl ein vernünftiger Anleger dies getan haben würde, bis zu diesem Zeitpunkt nicht getan hatte. Nachdem der Antragsteller nicht bestreitet, dass die Anlage verloren ist, haftet er auch für diese Anlage auf Grund Unterlassung, ohne dass es dafür etwa einer Beweiserhebung oder der von ihm allein angebotenen Vernehmung seiner selbst als Partei bedürfte.
Hätte der Antragsteller nämlich dezidiert und nachdrücklich auf seine mangelnden Kenntnisse und auf den bestehenden Informationsbedarf hingewiesen, kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin und ihr Sohn sich beratungsgerecht verhalten hätten und von der Anlage entweder Abstand genommen hätten oder den Antragsteller mit Erkundigungen beauftragt hätten, deren Ergebnis dann zur Abstandnahme geführt hätte.
2.) Soweit der Beklagte in Höhe eines Betrages von 1.600,- DM die Verurteilung wegen des Komplexes Anlagen bei der ####### in Abrede stellt, bleibt es auch hier bei der im Beschwerdebeschluss näher begründeten Auffassung des Senats, dass der Beklagte in einem vertraglichen Anlageberatungsverhältnis zu der Klägerin bzw. deren Zedenten gestanden hat. Ferner verfangen auch die in der Berufungsbegründung vorgebrachten Einwände nicht, mit denen der Antragsteller die Kausalität seiner Tätigkeit für die Durchführung der Anlagen in Abrede stellt. Insofern ist es gerechtfertigt, von beratungsgerechtem Anlegerverhalten auszugehen, wenn der Antragsteller alle erforderlichen Warnungen und Risikohinweise an die Klägerin und ihre Angehörigen hätte gelangen lassen.
Soweit der Beklagte darüber hinaus meint, gemäß oder entsprechend § 423 BGB wirke der zwischen der Klägerin und dem Anlageinitiator ####### geschlossene Vergleich dahin, dass die Klägerin ihn nicht mehr in Anspruch nehmen könne, so vermag der Senat sich dem nicht anzuschließen. Dabei kann offen bleiben, ob die Anfechtung dieses Vergleichs durch die Klägerin durchgreifen würde und ob der Beklagte und ####### im Verhältnis der Gesamtschuldnerschaft zueinander stehen. Gemäß § 423 BGB wirkt eine gegenüber einem Gesamtschuldner vorgenommene Erlasshandlung sich nämlich nur dann zu Gunsten des oder der übrigen Gesamtschuldner aus, wenn das Rechtsgeschäft zwischen ihnen dahin auszulegen ist, dass das ganze Schuldverhältnis aufgehoben werden soll. Daran fehlt es bei zwischen dem Anleger und dem Anlageinitiator geschlossenen Abfindungsvergleichen aber regelmäßig. Für den Anleger stellt sich die Frage typischerweise dahin, ob er durch einen derartigen Vergleich die Rückzahlung zumindest eines Bruchteils der Einlage erreichen kann oder ob er einen Titel vorzieht, mit dessen Hilfe er in einer meist aussichtslosen Vollstreckung sein Heil suchen muss. In dieser Situation verfolgt der Anleger regelmäßig keine Interessen hinsichtlich des gesamten Schuldverhältnisses, sondern realisiert nur legitime eigene Durchsetzungschancen. Ob der Senat - wenn es im Rückgriffsverhältnis auf die mittelbare Wirkung einer solchen Abrede zwischen den Schuldnern ankäme - diese im Sinne einer Einzelwirkung, die den Rückgriff unter den Schuldnern nicht ausschließt oder im Sinne einer Gesamtwirkung, die den Rückgriff gegen denjenigen Schuldner, mit dem die Abrede getroffen ist, ausschließt, annehmen würde (vgl. die verschiedenen Möglichkeiten Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 423 Rdn. 2-4), bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung.
Hinweis
Soweit die Beschlussgründe nicht mitgeteilt werden, beruht dies auf § 127 Abs. 1 Satz 3 ZPO.
Ende der Entscheidung
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